Großer Preis von Frankreich 1933
Der XIX. Große Preis von Frankreich (XIX Grand Prix de l’Automobile Club de France)[1] fand am 11. Juni 1933 auf dem Autodrome de Linas-Montlhéry in Frankreich statt. Er zählte zu den Grandes Épreuves und wurde über 40 Runden à 12,50 km ausgetragen, was der vorgegebenen Mindestdistanz von 500,0 km entsprach.
Sieger des Rennens wurde Giuseppe Campari auf einem Maserati 8C-3000. Es war der erste Sieg für die italienische Marke bei einem offiziellen internationalen Grand Prix und gleichzeitig der letzte Grand-Prix-Erfolg des Italieners, der drei Monate später bei einem Unfall im Rennen um den Großen Preis von Monza ums Leben kam.
Rennen
1933 gastierte der Grand Prix de l’ACF zum bislang insgesamt vierten Mal auf der permanenten Rennstrecke von Linas-Montlhéry. Aufgrund seiner langen Tradition wurde das Rennen immer noch als Saisonhöhepunkt angesehen und um ein dafür angemessenes Teilnehmerfeld zusammen zu bekommen – und dabei entgegen der bislang meist geübten Praxis auch den Privatfahrern entgegenzukommen – war in diesem Jahr die Einschreibegebühr drastisch abgesenkt worden. Gleichzeitig wurde auch stattliche Preisgelder und Bonuszahlungen für bestimmte Zwischenwertungen in Aussicht gestellt. Umso enttäuschender war für den Veranstalter der extrem kurzfristige Rückzug des kompletten Bugatti-Rennstalls, auf dessen neues Grand-Prix-Modell das einheimische Publikum mit Spannung gewartet hatte. Das Werk befand sich aufgrund des stockenden Absatzes seiner Renn- und Sportwagen infolge der Weltwirtschaftskrise in Schwierigkeiten und hatte aus diesem Grund einen öffentlichen Auftrag zur Fertigung von Eisenbahntriebwagen übernommen. Darüber hatte die Entwicklung des Bugatti Type 59 zurückstehen müssen, während man sich für die altbewährten, aber mittlerweile gegenüber der Konkurrenz untermotorisierten Bugatti Type 51 auf dem schnellen Kurs keine großen Chancen ausrechnete.
Für den Automobile Club de France war dies ein herber Rückschlag, zumal die Teilnehmerliste im Vorfeld ohnehin bereits einige schmerzliche Lücken aufwies, darunter die drei zuvor tödlich verunglückten französischen Fahrer Frédéric Toselli, Louis Trintignant und Guy Bouriat, der verletzte deutsche Spitzenfahrer Rudolf Caracciola und der an einer Blutvergiftung erkrankte Brite Sir Henry „Tim“ Birkin, der wenig später an dieser verstarb. Ebenfalls nicht mit von der Partie war außerdem Luigi Fagioli, der langjährige Stammfahrer bei Maserati, mit dessen neuem 3-Liter-Monoposto Maserati 8CM stattdessen der zahlende Kunde Goffredo Zehender zusammen mit Giuseppe Campari auf einem noch zweisitzigen Vorjahresmodell mit gleicher Motorisierung an den Start ging.
Beinahe wäre die Katastrophe für den Veranstalter komplett gewesen, denn auch die Teilnahme der Scuderia Ferrari mit ihrem Top-Star Tazio Nuvolari und Mario Umberto Borzacchini und Piero Taruffi als weitere Fahrer blieb bis kurz vor dem Start unsicher. Die Mannschaft war überhaupt erst am Vortag des Rennens angereist und in der einzigen Trainingssitzung hatte der ohnehin mit Wagen und Team unzufriedene Nuvolari seinen auf 2,65 Liter Hubraum aufgebohrten Alfa Romeo Typ „Monza“ mit gebrochener Kompressor-Antriebswelle abgestellt, so dass ihm Borzacchini am Renntag sein Auto abtreten musste.
Als weitere aussichtsreiche Konkurrenten galten außerdem noch die beiden unabhängigen Fahrer Louis Chiron und Philippe Étancelin auf ihren noch mit den schwächeren 2,3-Liter-Originalmotoren ausgerüsteten Alfa Romeo „Monza“, Marcel Lehoux auf seinem in etwa gleichstarken Bugatti Type 51 sowie der polnische Fahrer Graf Stanisław Czaykowski auf seinem Bugatti Type 54, der mit seinem 5-Liter-Reihenachtzylinder zwar motorisiert war, aber aufgrund des hohen Gewichts ein problematisches Fahrverhalten aufwies.
Trotz der zahlreichen Abgänge im Vorfeld versammelten schließlich immer noch 19 Teilnehmer zum Start, dessen Aufstellung im Unterschied zum vorangegangenen Rennen in Monaco nach wie vor ausgelost wurde. So musste sich Campari in der ersten Runde erst noch an neun Wagen vorbeikämpfen, um sich dann in der zweiten Position hinter dem aus der zweiten Reihe gestarteten Nuvolari einreihen zu können. Dahinter benötigten Chiron und Étancelin einige Runden, um an Taruffi vorbeizugehen, der seine beiden schnelleren Konkurrenten – entgegen dem damals geltenden Verhaltenskodex – auf der engen Strecke absichtlich jede Überholmöglichkeit verwehrt hatte.
Bereits nach der sechsten bzw. der siebten Runde waren die Alfa Romeo von Nuvolari und Chiron aber bereits mit Differentialschaden – der notorischen Schwachstelle des Typs „Monza“ – aus dem Rennen. Damit hatte Campari nun die alleinige Führung inne und konnte diese gegenüber den um Platz zwei kämpfenden Étancelin und Taruffi weiter ausbauen. Etwa zur Halbzeit des Rennens standen nun die fälligen Boxenstopps an und Nuvolari übernahm bei dieser Gelegenheit das Auto seines Teamkollegen Taruffi, mit dem er jedoch nach wenige Runden noch einmal mit dem gleichen Problem strandete. Der frustrierte Italiener hatte damit an einem Wochenende bereits das dritte Auto verschlissen.
Insgesamt waren zu diesem Zeitpunkt bereits nur noch sechs Wagen im Rennen, das aber nun doch noch einmal Fahrt aufnahm. Campari, der aufgrund der schlechten Straßenlage seines Maserati stark erhöhten Reifernverschleiß zu verzeichnen hatte, musste in der 28. Runde noch einmal zum Wechsel an die Box, wodurch nun Étancelin mit einer halben Minute Vorsprung in Führung lag. Campari arbeitete sich danach aber Sekunde um Sekunde wieder an den Franzosen heran, nur um vier Runden vor Schluss bei einsetzendem Regen noch ein weiteres Mal Reifen wechseln zu müssen. Damit schien die Entscheidung nun gefallen, doch geriet jetzt Étancelin zunehmend in Schwierigkeiten, der sein Auto mit nachlassender Kupplung kaum noch schalten konnte. In der letzten Runde war der Alfa Romeo schließlich so langsam, dass Campari die Ziellinie doch noch als Erster überqueren konnte.
Für Maserati war dies ein großartiger Erfolg, der erste Sieg bei einem Grande Épreuve und damit der bislang größte Erfolg in der Markengeschichte überhaupt stand damit aber noch keineswegs fest. Camparis Auto war bei einem seiner Stopps von gleich zwei Mechanikern angeschoben worden, während laut Reglement neben dem Fahrer selbst nur jeweils eine Person am Auto Hand anlegen durfte. Im Gegensatz zu Nuvolaris ähnlichem Fall zuvor in Monte Carlo wurde Campari für diesen Verstoß jedoch nicht disqualifiziert, sondern wurde lediglich mit einer Geldbuße belegt.
Ergebnisse
Meldeliste
Team | Nr.a | Fahrer | Info | Chassis | Motor | Reifen |
---|---|---|---|---|---|---|
Vereinigtes Konigreich Earl Howe | 02 | Vereinigtes Konigreich Earl Howe | Bugatti T51 | Bugatti 2.3L I8 Kompressor | D | |
Dritte Französische Republik Pierre Félix | 04 | Dritte Französische Republik Pierre Félix | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | ||
Chile Juan Zanelli | 06 | Chile Juan Zanelli | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | ||
Schweiz Equipe Villars-Waldthausen | 08 | Schweiz Julio Villars | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | MZ | |
28 | Schweiz Horst von Waldthausen | |||||
Italien 1861 Scuderia Ferrari | 10 | Italien 1861 Tazio Nuvolari | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.6L I8 Kompressor | E | |
14 | Italien 1861 Baconin Borzacchini | DNSb | ||||
38 | Italien 1861 Piero Taruffic | |||||
Italien 1861 Goffredo Zehender | 12 | Italien 1861 Goffredo Zehender | Maserati 8CM | Maserati 3.0L I8 Kompressor | ||
Italien 1861 Officine Alfieri Maserati | 12 | Italien 1861 Luigi Fagioli | DNAd | Maserati 8CM | Maserati 3.0L I8 Kompressor | P |
Italien 1861 Ernesto Maserati | DNAe | |||||
Dritte Französische Republik Automobiles Ettore Bugatti | 16 | Italien 1861 Achille Varzi | DNAf | Bugatti T59 | Bugatti 2.8L I8 Kompressor | M |
20 | Dritte Französische Republik Albert Divo | DNAf | Bugatti T51 | Bugatti 2.3L I8 Kompressor | ||
30 | Vereinigtes Konigreich William Grover-Williams | DNAf | ||||
50 | Dritte Französische Republik René Dreyfus | DNAf | ||||
Dritte Französische Republik Guy Bouriat | DNAg | |||||
Vereinigtes Konigreich Bernard Rubin | 18 | Vereinigtes Konigreich George Eyston | DNA | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | D |
Vereinigtes Konigreich Tim Birkin | DNAh | |||||
Polen 1928 Graf Stanisław Czaykowski | 22 | Polen 1928 Stanisław Czaykowski | Bugatti T54 | Bugatti 5.0L I8 Kompressor | ||
Dritte Französische Republik Pierre Bussienne | 24 | Dritte Französische Republik Pierre Bussienne | Bugatti T51 | Bugatti 2.3L I8 Kompressor | ||
Dritte Französische Republik Philippe Étancelin | 26 | Dritte Französische Republik Philippe Étancelin | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | ||
Italien 1861 Giuseppe Campari | 32 | Italien 1861 Giuseppe Campari | Maserati 8C-3000 | Maserati 3.0L I8 Kompressor | ||
Rumänien Konigreich Prinz Nikolaus von Rumänien | 34 | Rumänien Konigreich Nikolaus von Rumänien | DNA | Bugatti | ||
Dritte Französische Republik Jean Gaupillat | 36 | Dritte Französische Republik Jean Gaupillat | Bugatti T51 | Bugatti 2.3L I8 Kompressor | M | |
Dritte Französische Republik Benoît Falchetto | 38 | Dritte Französische Republik Benoît Falchetto | DNA | Bugatti T51 | Bugatti 2.3L I8 Kompressor | |
Monaco Scuderia Chiron-Caracciola | 42 | Monaco Louis Chiron | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | ||
NS-Staat Rudolf Caracciola | DNAi | |||||
Dritte Französische Republik Marcel Lehoux | 44 | Dritte Französische Republik Marcel Lehoux | Bugatti T51 | Bugatti 2.3L I8 Kompressor | ||
Dritte Französische Republik Guy Moll | 46 | Dritte Französische Republik Guy Moll | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | ||
Dritte Französische Republik Jean-Pierre Wimille | 48 | Dritte Französische Republik Jean-Pierre Wimille | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | ||
Dritte Französische Republik Raymond Sommer | 52 | Dritte Französische Republik Raymond Sommer | Alfa Romeo Monza | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | ||
Dritte Französische Republik Frédéric Toselli | Dritte Französische Republik Frédéric Toselli | DNAj | Bugatti T37A | Bugatti 1.5L I4 Kompressor | ||
Dritte Französische Republik Louis Trintignant | Dritte Französische Republik Louis Trintignant | DNAk | Bugatti T51 | Bugatti 2.3L I8 Kompressor |
Startaufstellung
Die Startpositionen wurden in der Reihenfolge der vorab zugeteilten Startnummern vergeben.
Chile Zanelli | Dritte Französische Republik Félix | Vereinigtes Konigreich Howe | ||
Italien 1861 Nuvolari | Schweiz Villars | |||
Vereinigtes Konigreich Eyston | Italien 1861 Taruffia | Italien 1861 Zehender | ||
Dritte Französische Republik Bussienne | Polen 1928 Czaykowski | |||
Italien 1861 Campari | Schweiz von Waldthausen | Dritte Französische Republik Étancelin | ||
Monaco Chiron | Dritte Französische Republik Gaupillat | |||
Dritte Französische Republik Wimille | Dritte Französische Republik Moll | Dritte Französische Republik Lehoux | ||
Dritte Französische Republik Sommer |
Rennergebnis
Pos. | Fahrer | Konstrukteur | Runden | Stopps | Zeit | Start | Schnellste Runde | Ausfallgrund |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
01 | Italien 1861 Giuseppe Campari | Italien 1861 Maserati | 40 | 3 | 3:48:45,400 | 13 | 5:23,000 | |
02 | Dritte Französische Republik Philippe Étancelin | Italien 1861 Alfa Romeo | 40 | 1 | + 52,000 | 11 | ||
03 | Vereinigtes Konigreich George Eyston | Italien 1861 Alfa Romeo | 39 | + 1 Runde | 8 | |||
04 | Dritte Französische Republik Raymond Sommer | Italien 1861 Alfa Romeo | 39 | + 1 Runde | 19 | |||
05 | Dritte Französische Republik Guy Moll | Italien 1861 Alfa Romeo | 38 | + 2 Runden | 17 | |||
06 | Schweiz Julio Villars | Italien 1861 Alfa Romeo | 34 | + 6 Runden | 4 | |||
— | Italien 1861 Piero Taruffi Italien 1861 Tazio Nuvolari | Italien 1861 Alfa Romeo | 26 | DNF | 7 | defekte Kraftübertragung | ||
— | Italien 1861 Goffredo Zehender | Italien 1861 Maserati | 19 | DNF | 6 | gebrochener Stoßdämpfer | ||
— | Vereinigtes Konigreich Earl Howe | Dritte Französische Republik Bugatti | 19 | DNF | 1 | Aufgabe nach Augenverletzung | ||
— | Chile Juan Zanelli | Italien 1861 Alfa Romeo | 19 | DNF | 3 | Ausfall | ||
— | Dritte Französische Republik Pierre Félix | Italien 1861 Alfa Romeo | 17 | DNF | 2 | Ausfall | ||
— | Polen 1928 Stanisław Czaykowski | Dritte Französische Republik Bugatti | 8 | DNF | 9 | Riss im Getriebegehäuse | ||
— | Monaco Louis Chiron | Italien 1861 Alfa Romeo | 6 | DNF | 15 | defekte Kraftübertragung | ||
— | Italien 1861 Tazio Nuvolari | Italien 1861 Alfa Romeo | 6 | DNF | 5 | defekte Kraftübertragung | ||
— | Dritte Französische Republik Pierre Bussienne | Dritte Französische Republik Bugatti | 5 | DNF | 10 | Getriebeschaden | ||
— | Schweiz Horst von Waldthausen | Italien 1861 Alfa Romeo | 4 | DNF | 12 | Motorschaden | ||
— | Dritte Französische Republik Jean-Pierre Wimille | Italien 1861 Alfa Romeo | 2 | DNF | 18 | Getriebeschaden | ||
— | Dritte Französische Republik Marcel Lehoux | Dritte Französische Republik Bugatti | 1 | DNF | 16 | defekte Pleuelstange | ||
— | Dritte Französische Republik Jean Gaupillat | Dritte Französische Republik Bugatti | 1 | DNF | 14 | Zündungsschaden |
Weblinks
- Leif Snellman, Felix Muelas: XIX GRAND PRIX DE L'AUTOMOBILE CLUB DE FRANCE. www.kolumbus.fi, 4. April 2013, abgerufen am 23. März 2015 (englisch).
- XXVII Grand Prix de l'Automobile Club de France. www.teamdan.com, abgerufen am 25. März 2015 (englisch).
Anmerkungen
- ↑ Das erste als Grand Prix de l’ACF organisierte Rennen fand 1906 statt. In den 1920er Jahren wurden jedoch rückwirkend auch den „großen“ Stadt-zu-Stadt-Rennen der Anfangsjahre zwischen 1895 und 1903 dieser Titel verliehen, obwohl das Gründungsdatum des ACF sogar erst nach dem Rennen Paris-Bordeaux-Paris 1895 liegt. Durch diese Zählweise wurde die Veranstaltung von 1906 nachträglich zum offiziell neunten Grand Prix de l’A.C.F ernannt. Diese Nummerierung wurde auch nach der 1968er Umbenennung des Grand Prix de l’ACF zum Grand Prix de France durchgängig weiter fortgeführt.